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Literatur «Mr. Darcy» gab es wirklich – aber ein Traummann war er nicht

Mit Mr. Darcy hat Jane Austen in «Stolz und Vorurteil» den Traummann schlechthin geschaffen. Eine Historikerin will nun herausgefunden haben: Diesen Traummann gab es wirklich. Und ganz anders als der gute Mr. Darcy war dieser in einen handfesten Sex-Skandal verwickelt.

Mr. Darcy gehört wahrscheinlich zu den berühmtesten Romanfiguren überhaupt. Die grosse Liebe von Eliza Bennet in Jane Austens Roman «Pride and Prejudice» dürfte auf einer Stufe stehen mit Figuren wie Rhett Butler aus «Vom Winde verweht» oder Doktor Schiwago aus «Doktor Schiwago». Generationen von Frauen schmolzen dahin, als Eliza und ihr Fitzwilliam Darcy sich endlich fanden – im Buch oder im berühmten BBC-Mehrteiler.

War er der Mann der Freundin?

Die britische Historikerin Susan Law will nun herausgefunden haben, dass es Mr. Darcy wirklich gegeben hat. Jane Austen soll ihre Romanfigur an John Parker, einen gewissen Grafen von Morley, angelehnt haben – dem Ehemann ihrer Freundin Frances Talbot.

Und Beweise gäbe es genug, meint die Historikerin. Beide seien gross und gut aussehend, beide seien reiche Gutsbesitzer mit grossem Herz und beide seien sehr leidenschaftlich, nach aussen aber sehr reserviert gewesen. Das sei doch schon mehr als nur ein Zufall.

Alles Quatsch meint daraufhin die Jane Austen-Gesellschaft. Als Jane Austen ihren Roman schrieb, habe sie den Grafen noch gar nicht gekannt. Das stimme nicht, sagt die Historikerin, und tischt nun der britischen Öffentlichkeit eine Geschichte auf, wie sie schöner nicht in der «Sun» oder sonst einem Boulevard-Blatt stehen könnte:

Liebschaften hier und da und überall

Der Graf heiratete zehn Jahre vor der Veröffentlichung von «Pride and Prejudice» die 18-jährige Lady Augusta Fane. Allerdings nur, weil seine Geliebte, Lady Elizabeth Monck, sich nicht von ihrem Gemahl trennen wollte. Die Heirat mit Augusta war für den Grafen allerdings kein Grund, die Affäre mit Elizabeth zu beenden oder gar von anderen Liebschaften abzusehen. Er liebschaftete munter weiter.

Das wurde Augusta aber irgendwann zu bunt und sie brannte mit des Grafen Freund Sir Arthur Padget durch. Das wiederum wollte der Graf nicht auf sich sitzen lassen und verklagte Sir Arthur wegen Ausspannens seiner Ehefrau. Er bekam vor Gericht recht und erhielt tatsächlich 10‘000 Pfund.

Der Traummann, der keiner war

Die Ehe wurde trotzdem geschieden und des Grafen Ex-Frau Augusta heiratete des Grafen Ex-Kumpel Sir Arthur. Der Graf hingegen ehelichte noch im gleichen Jahr Frances Talbot – Jane Austens besagte Freundin. All das geschah im Jahr 1804, also immer noch neun neun Jahre vor der Veröffentlichung des Romans.

Und daraus ergeben sich jetzt zwei Dinge. Erstens: Jane Austen hat den Grafen gekannt und könnte diesen tatsächlich als Vorbild benutzt haben. Und zweitens: Der Graf war ein untreuer Mensch und hat nicht nur seine Frauen, sondern indirekt alle Frauen betrogen, die nach ihm kamen und die auf das schöne Bild des grossen und gut aussehenden Mister Darcy vertrauten.

Die einzige, die von dem ganzen Schlamassel profitiert, ist die Historikerin Susan Law, die ihre Erkenntnisse in einem Buch veröffentlich hat, das man selbstverständlich kaufen kann.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 11.5.2015, 17.50 Uhr.

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